Grob pauschaliert lassen sich zwei Gruppen von Alleinerziehenden gegenüber stellen: Vollzeit erwerbstätige Frauen mit qualifizierter Berufsausbildung und gesichertem Einkommen (überwiegend mit einem Kind im Alter von über drei Jahren) auf der einen Seite, nicht oder geringfügig erwerbstätige Frauen in Armut (oft junge Mütter mit Säuglingen oder Mütter mit drei und mehr minderjährigen Kindern) andererseits. Die erste Gruppe unterliegt dem Risiko der Überlastung und damit einhergehender psychosozialer und gesundheitlicher Belastungen. Die zweite Gruppe ist von den vielfältigen negativen Folgen der Armut betroffen (schlechte Wohnsituation, Geldmangel „an allen Ecken und Kanten“, soziale Ausgrenzung, Reduzierung des subjektiven Wohlbefindens usw.).
Beide Gruppen suchen Beratungsstellen freier Träger auf, um z. B. Unterstützung bei der Geltendmachung sozialrechtlicher Ansprüche oder bei der beruflichen Wiedereingliederung, der Suche nach Kinderbetreuung und anderen Entlastungsangeboten zu erhalten.
Die Durchsetzung sozialrechtlicher Ansprüche ist sehr aufwändig und für viele Alleinerziehende belastend, da persönliche und familiäre Daten offen gelegt, bestimmte Vorgaben (z. B. zum Einsatz vorhandenen Vermögens oder zur angemessenen Größe der Wohnung) berücksichtigt werden müssen und verschiedene Ansprüche miteinander verrechnet werden. Bei Alleinerziehenden werden z. B. Kindergeld, Kinderzuschlag, Elterngeld, Unterhaltsvorschussleistungen etc. als vorrangige Einkommen bei der Berechnung der ALG II Leistungen angerechnet und sind deshalb zuerst – und an verschiedenen Stellen – zu beantragen. Nicht selten sind sowohl die Antragswege als auch die Bescheide für die Betroffenen nicht nachvollziehbar und ist deshalb Unterstützung durch kompetente Fachkräfte erforderlich.
Es gibt aber ebenso Beispiele dafür, dass es Vollzeit erwerbstätigen allein erziehenden Müttern gut gelingt, das Leben mit ihren Kindern selbständig zu bewältigen und für sich selbst und die Kinder sehr befriedigend zu gestalten. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Erwerbstätigkeit als sinnstiftend erlebt wird, die Kinder schon älter sind und weitere unterstützende Bezugspersonen (überwiegend die eigenen Eltern und Geschwister oder enge Freundinnen) oder institutionelle Entlastungsangebote (wie z. B. Ganztagsschulen, flexible Kinderbetreuungsangebote) zur Verfügung stehen. Ebenso gibt es Beispiele von Alleinerziehenden mit Kleinkindern im ALG II Bezug, die sich bewusst entschieden haben, zugunsten der Kinder vorübergehend auf (Vollzeit)Erwerbstätigkeit zu verzichten, und die trotz der finanziellen Not diese Lebensphase allein mit Kind genießen – vor allem, wenn sie in ihrem sozialen Umfeld akzeptiert und unterstützt werden und die Rückkehroption an den alten Arbeitsplatz gesichert ist.
Petra Winkelmann